zusehend unberührt
Gedichte
Zeichnungen von Petra Moiser
Edition Tandem 2009
88 Seiten, Hardcover
€ 17,80
ISBN 978-3-902606-25-9
Fritz Popp thematisiert in seinen Texten die Sehnsucht nach Nähe und die Erfahrung von
Distanz und Entfremdung. Seine Gedichte beeindrucken durch Sinnlichkeit, Klang und zeitkritische Bilder.
Leseprobe
Der Bildschirm
Der Bildschirm erfindet
Bild um Bild
Raum um Raum:
Zuckende Zeichengetümmel
streunende Digitalbündnisse
Blick-Oasen
für Augennomaden
Dazwischen verblättert
entrollt sich die Suchspirale
jeweils von neuem
Ein Fenster unter Strom
geladen mit Aufrufen
und Antworten
von überallher
Nervöse Hochspannung
auf dem Wandelschirm
selbstverbrauchender Augenblicke
Verschleuderte
Zeichenwirbel
schnelles Sinngestöber
das sich selbst erfindet
und vertilgt
Zurück
Zurück bleiben
gespeicherter Gedächtnisschwund
und unerledigte Erinnerung
an Schattenspieler
Im Hintergrund
erloschene Himmel, Planspiele
und sogar Mondfahrten
Zwischen zwei Träumen
eifrige Zahlenkolonnen
und flackernde Alphabete
mit Vorwärtsdrang
Richtung Vereinigung
aller Abwesenden
die sich
mit freundlichem Gruß
rasch
zurückziehen
von mir
Wie seh ich
Wie seh ich aus
wenn ich mich nicht sehe
niemand hat mein Gesicht berührt
seit langer Zeit
Wie seh ich aus
mit Nachsicht betrachtet
der Spiegel ist voll
mit falschen Erinnerungen
und gelöschten Entwürfen
Wie seh ich aus
unter Ausschluss meiner Wünsche
macht der Bildschirm
sich ein Bild von mir
Wie seh ich aus
wer durchkämmt meine Züge
jahrelang blindlings
mit liebkosender
Suchmaschine